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Die neue Touch Bar der MacBooks – Usability Fail?

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Foto: Apple.com

Es wurde schon viel geschrieben und gemeckert über die neuen MacBook Pro, welche gestern vorgestellt wurden. Im Zentrum dabei stets die neue Touch Bar: Ein schmales Multi-Touch-Element mit Glasoberfläche soll die bisherige obere Tastenreihe der MacBook Pros ersetzen. Einschließlich der Escape-, Lauter-/Leiser- und Ein-/Aus-Taste.

So stellt sich Apple das ganze vor:

Auf den ersten Blick dachte ich: Wow, das sieht aber toll aus. Und so schön bunt! Beim zweiten Hinschauen erscheinen bei mir aber nur Fragezeichen. Was genau soll das jetzt sein?

Ein Versuch der abstrakten Einordnung

  • Bisher gab es zwei Eingabemöglichkeiten (Trackpad und Keyboard). Jetzt gibt es drei (Trackpad, Keyboard und Magic Bar), davon eine mit physikalischen Tasten (Keyboard). Zwei erzeugen ein haptisches Feedback (Keyboard und Trackpad). Zwei bringen Multi-Touch-Funktionalität mit (Trackpad und Magic Bar).
  • Bisher gab es ein Display, nun sind es zwei (ja, ich sehe die Magic Bar als Display an, denn neben Standard-Tasten und Emojis sollen ja auch Skalen, Tabs und Timelines angezeigt werden).
  • Die Magic Bar verbindet als einziges Element Eingabe und Anzeige.
  • Die beiden Touch-Eingabemöglichkeiten (Trackpad und Magic Bar) liegen nicht beieinander, sondern werden durch das Keyboard mit physikalischen Tasten voneinander getrennt. Es entstehen also drei unterschiedliche Bedienungs-Zonen.

Dieses Setup aufzuschreiben ist alleine schon sehr komplex, was ein Indikator dafür sein könnte, dass hier keine einfache Lösung gewählt wurde.

Meine Befürchtungen

  • Das Auge muss zukünftig zwischen zwei Displays hin- und herspringen, während vorher Eingabe-Einheit und Anzeige durch das Scharnier getrennt waren.
  • Eine blinde Bedienung der Touch Bar kann ich mir nur schwer vorstellen, da 1. die On-Screen-Buttons nicht ertastbar sind und 2. der Kontext sich abhängig vom Programm und auch vom aktuellen Screen innerhalb eines Programmes ändern kann. Gerade bei der Escape-Taste, die im Alltag schon sehr wichtig ist, kann ich mir schwer vorstellen, dass sie durch die Touch Bar ersetzt werden kann. Ja, die Umbelegung der Escape-Taste auf z. B. die Caps-Lock-Taste soll wohl möglich sein, aber das soll auch erst mal gelernt werden.
  • Der Abstand vom Trackpad zur Touch Bar ist denke ich zu groß. Ich vermute die typische Handposition liegt entweder über den Tasten (»Schreibposition«) oder über dem Trackpad (»Maus-Position«). Meine Erfahrung zeigt, dass stetig zwischen diesen Position gewechselt wird. Ich denke, dass die Maus-Position ungern für die Touch Bar verlassen wird, denn die Funktionen der Touch Bar lassen sich genauso gut mit dem Trackpad ausführen. Beispiele aus der Präsentation: Scrollen innerhalb von Logic Pro, Drehen von Bildern, Klicken auf Tabs in Safari. Bleibt also die Schreibposition. Hier könnten Wortvorschläge oder Emojis tatsächlich sinnvoll sein, wenn man sich daran gewöhnen kann, auf die Tasten zu schauen, anstatt auf den Bildschirm.
  • Hersteller werden in die Verlegenheit kommen nicht entscheiden zu können, ob die Eingabe über die Touch Bar oder die Maus erfolgen soll. In den bisher gezeigten Beispielen doppeln sich einfach die Aktionsmöglichkeiten: Man kann entweder die Touch Bar oder die Maus benutzen, die Einstellungsmöglichkeit wird doppelt angezeigt. Der Mehrwert ist mir hier also etwas fraglich.
  • Damit die Touch Bar auch ihr volles Potential entfalten kann, muss eine ausreichend große Anzahl an Herstellern erreicht werden, die ihre Programme daran anpassen. Erste große Namen wie Adobe und Microsoft sind an Board, aber hier braucht es noch einiges mehr.
  • Damit die Touch Bar ernst genommen werden kann, muss es eine gewisse Marktdurchdringung geben. Alte MacBooks müssten folglich verschwinden und iMacs sowie der Mac Pro neue Keyboards bekommen. Dass das passiert ist zur Zeit denke ich eher unwahrscheinlich, denn die letzte Erneuerung des Bluetooth Keyboards ist noch nicht lange her. Auch unverständlich dabei ist, dass das kleinste MacBook Pro ohne Touch Bar auskommen muss.

Fazit

Für mich sieht es sehr nach einem übervorsichtigen Mikro-Schritt in Richtung Touch-Bedienung auf MacBooks aus, mit dem man sich zufrieden gibt, weil Mac OS zur Zeit nicht mehr leisten kann. Etwas mehr in die eine oder die andere Richtung hätte gut getan. So wirkt es wie nichts Halbes und nichts Ganzes. Microsoft geht gerade mit dem Surface Studio und dem Surface Dial den umgekehrten Weg und erweitert die Touch-Experience von Windows 10 um ein nützliches physisches Eingabegerät, was für mich sehr viel realistischer und weitsichtiger klingt. Dabei hätte es für Apple doch so viel einfachere und schönere Lösungen geben können:

  1. Lenovo präsentierte neulich das Yoga Book mit Touchfeld statt physischer Tastatur. Das Touchfeld ist gleichzeitig eine Zeichenfläche, die Tastenkennzeichnung wird dazu im Zeichenmodus einfach ausgeblendet.
  2. Eine Weiterentwicklung dessen wäre ein dynamisches Keyboard, welches das Tastaturlayout und die Tastenbeschriftungen ändern kann. Drückt man die Alt-Taste würde diese Tastatur direkt die nun schreibbaren Sonderzeichen anzeigen, ähnlich zu einem On-Screen-Keyboard. Die alten Funktionstasten hätten für dieses Konzept auf die Größe der anderen Tasten angehoben werden können, dann wäre genügend Platz für eine Beschriftung und/oder ein Icon. DAS wäre wirklich mal innovativ.
  3. Aber es ginge auch einfacher: Warum nicht anstatt ein neues winziges Touch-Element zu erfinden ein großes bestehendes nutzen? Richtig, ich rede vom iPad. Apple müsste nur eine schnelle Verbindung zum MacBook hinbekommen und eine offizielle API bereitstellen, dann könnte das iPad als Controller verwendet werden. Bisher müssen Entwickler dafür komplizierte Umwege gehen. Kommerziell dürfte sich das lohnen: Mehr iPad-Verkäufe! Passend dazu gibts dann natürlich auch einen neuen passenden Ständer mit perfekt ausbalancierten Arm-Haltungs-Winkel (siehe Gorilla-Arm) und Adapterkabel.

Andererseits, es wird sich ja noch zeigen, ob sich die Touch Bar durchsetzen wird. Und das muss man Apple anrechnen: Bei unkonventionellen Lösungen haben sie gerne mal einen langen Atem bewiesen.

Drei Kommentare

  1. Nur ein kleines Detail: Aber ich kann ausser der Escape-Taste und der “Disc-Auswerfen”-Taste keine der Tasten in der oberen Leiste ohne Hinschauen bedienen. Will man diese Funktionstasten benutzen, muss man (ich) also eh hinschauen.

    Und noch eine kleine Randbemerkung: Wie bei vielen Entwicklungen der Macinthosh-Reihe bei Apple scheint mir im Grunde alles was Apple macht oder nicht macht egal zu sein, die Leute kaufen die Macs ja doch. Ich selber habe über die Abschaffung der Disc-Laufwerke geschimpft. Andere schimpfen über die Abschaffung der SD-Card-Reader-Slots und der USB-Anschlüsse. Am Ende wird deswegen aber keine nennenswerte Menge an Macs mehr oder weniger verkauft, vermute ich.

  2. Wie spannend, wenn man plötzlich an alte Artikel erinnert wird, die man gar nicht mehr auf dem Schirm hatte. Danke @noses.!

    Da hat uns Apple wohl nicht nur mit der Entfernung der Touch Bar sondern auch mit der Wiedergeburt einiger Anschlüsse überrascht. 2016 bis 2021… R.I.P. Touch Bar. Lustigerweise habe ich mit meinem MacBook 2015 genau diese Phase der Experimente übersprungen. 😄

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